Mittwoch, 1. Oktober 2008

Objekt des Monats November

Gefäße aus salzglasiertem Steinzeug, die mit einem Sechsstern verziert sind, gehören zu den seltenen Sammlungsstücken von Museen. Gelegentlich findet man sie in Judaika-Ausstellungen, deren Bearbeiter den Sechsstern als "Davidstern" interpretieren, ohne dass ein Verwendungsnachweis die jüdische Herkunft belegen könnte. Vielfach belegbar ist dagegen der Sechsstern als Zunftzeichen der Brauer und Mälzer.

November

Der Sechsstern als Symbol

In der älteren volkskundlichen Literatur wird der Sechsstern vor allem in der wohl verbreitetsten Variante, dem von seinem Halbmesser in sechs gleiche Teile geteilten Kreis, als Symbolfigur beschrieben. Die deutsche Bauernkunst verwendet den Sechsstern in vielen Spielarten, als geraden Zackenstern und auch in der als "Davidstern" bekannten Form von zwei sich durchdringenden Dreiecken, dem Hexagramm. Es ist dem Pentagramm, dem Hexenstern oder eigentlichen Drudenfuß verwandt. Es soll an dieser Stelle der Ursprung und die mystische Bedeutung dieses Sechssternes nicht weiter untersucht werden. Fest steht offenbar, dass er über den Orient nach Europa kam und hier in den sogenannten Schlüsselfiguren der Bauhütten und vor allem in der volkstümlichen Zauberei Eingang und Verbreitung fand. Der Davidstern als Symbol des jüdischen Volkes leitet sich von einem Ring des Königs Salomon ab, in dem ein solches Hexagramm eingeschnitten war. Dieses sogenannte "Großsiegel Salomons" erscheint auch heute noch in der Flagge des Staates Israel. Selbstverständlich zierte dieser Davidstern eine Vielzahl von Gegenständen sowohl für den täglichen als auch für den kultischen Gebrauch der Juden. Unrühmliche Popularität hatte er als "Judenstern" im Dritten Reich.

Der Sechsstern auf Steinzeugkannen

Im Keramikmuseum Westerwald befindet sich eine nach oben hin sich konisch verjüngende Kanne mit flachem Boden und deutlich abgesetztem Halsstück. Dem Henkel gegenüber befindet sich ein Ausguss. In der Fuß- und Halszone sind jeweils mehrere umlaufende flache Wülste angeordnet.

Dieser Kannentyp ist unter den keramischen Formen selten. Formales Vorbild ist wohl in den von Holz in Gestalt eines abgekürzten Kegels geböttcherten "Schleifkannen" zu suchen. Diese Gefäße gehörten zum Trinkgerät der Landbewohner, besonders bei den Feldarbeiten. Im Zusammenhang mit der Bierbrauerei sind für diesen Gefäßtyp die Bezeichnungen "Bierkegel" und "Bitsche" geläufig. Die gerade Wandung der Steinzeugkanne findet ihr direktes Vorbild in der für die hölzerne Version zwangsläufig geradlinigen Ausbildung der Holzdauben, die umlaufenden Wülste analog dazu in den bei geböttcherten Gefäßen zum Zusammenhalten notwendigen Holz- oder Blechstreifen. Die Schauseite der Kanne aus dem Keramikmuseum Westerwald ist mit einem geritzten Sechsstern versehen. Dieser Stern ist kobaltblau ausgelegt und beherrscht den sonst schmucklosen Gefäßkörper.

Der Sechsstern als Firmenzeichen

Besonders interessant scheint in diesem Zusammenhang auch eine Fabrikmarke der in Grenzhausen im Westerwald ansässigen Steinzeufabrik Reinhold Merkelbach. Die Marke, die ab 1882 in Gebrauch gewesen sein soll, fand vor allem bei historisierender Ware Anwendung. Die Fabrikmarke in Form eines Sechssterns mit den eingepassten Initialen Reinhold Merkelbachs wurde als Warenzeichen am 28. Januar 1895 beim Patentamt angemeldet, muss aber bereits 1892 in Gebrauch gewesen sein. Die Firma Merkelbach hat vor allem Bierhumpen in größerer Stückzahl für den süddeutschen Markt hergestellt. Von daher ist die Verwendung eines für die Bierherstellung überlieferten Zeichens als Fabrikmarke nicht allzu weit hergeholt.

Der Braukrug: ein Konkurrenzprodukt?

Ob man daraus jedoch auch folgern könnte, dass die vorgestellte Kanne aus dem Kannenbäckerland stammt, bleibt zweifelhaft. Georges Klein, der beste Kenner der Elsässischen Keramik, sieht die Kannen mit dem Sechsstern als eigenständige Entwicklung der Betschdorfer Steinzeugtöpfer. Insbesondere die nach 1870 in Straßburg stationierten Soldaten aus Bayern konnten sich - zumindest nach Klein - mit den aus dem Westerwald kommenden Humpenformen nicht anfreunden. Die Töpfer mussten demnach außer den üblichen noch eine zweite Sorte, eben jene sich nach oben hin verengende, herstellen, die zugleich mehr Fassungsvermögen aufwies.

Der Sechsstern als Zunftzeichen der Brauer

Eine der ältesten bekannten Darstellungen des Sechssterns in Zusammenhang mit der Bierbrauerei findet sich auf einer zwischen 1425 und 1436 entstandenen Zeichnung im Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg. Alchemistisch gedeutet besteht der Sechsstern aus zwei gleichseitigen Dreiecken. Er symbolisiert die vier Hauptelemente der Welt: Wasser, Erde, Feuer und Luft, ist damit Ausdruck eines biochemischen Systems. Die Erde erzeugt Gerste und Hopfen, gekocht mit Wasser und Feuer, gegärt an der Luft. Der Sechsstern hatte in früheren Zeiten eine überregionale Bedeutung für das Braugewerbe. Er war das Markenzeichen dieses Handwerks schlechthin und wurde insbesondere am Ende des 18. Jahrhunderts und vor allem im 19. Jahrhundert auch zum Erkennungszeichen der vielen Privatbrauereien in den Gasthäusern landauf und landab.

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